Mittwoch, 27. April 2011

Denn sie wissen nicht, was sie wollen

Alle Menschen um die 40 klagen über die Menschen um die 15, also die nächste Generation. Wir auch. Wir, das sind Personen mit verschiedenem beruflichen Hintergrund beiderlei Geschlechts, also ein repräsentativer Querschnitt. Naja, wenn wir repräsentativ wären, dann gäbe es unser Problem vielleicht gar nicht. Denn wir finden, dass die "jungen Leute", mit denen wir so tagtäglich erzieherisch umgehen, nicht wissen, was sie wollen. Sie bekommen von ihren Eltern nicht vorgelebt, für Dinge zu brennen, wie man so schön sagt. Diese Eltern sind so alt wie wir.

Die "kids" wissen, was sie nicht wollen und vor allem, was sie nicht müssen. Anstrengungsvermeidung steht ganz oben, gut ist, was Spaß macht, vor allem Chillen und Zocken.

Wie gesagt, alle Menschen um die 40 usw. ... Sind wir, bin ICH also einfach nur älter/alt/zu alt, um das zu verstehen? Bin ich ein Kulturpessimist? Hoffentlich nicht. Das würde heißen, dass ich an das geistige Überleben dieser Generation nicht glaube. Ich möchte aber gerne daran glauben. Ich möchte glauben, dass sie die "neuen Medien" nutzen können, um sich zu informieren und zu vernetzen, nicht nur mit 126 "Freunden" bei facebook. Ich möchte glauben, dass sie die Chance, die Fukushima uns eröffnet (ojeh, ganz schön zynisch) nutzen können, um zu Energie und Konsum ein neues Verhältnis zu entwickeln. Ich möchte glauben, dass sie von der Freiheit der Kultur und Fantasie profitieren und ihr Leben gerne leben. Diese Utopie gehört zu den Menschen um die 40 wie das Klagen über die "Jungen".

Wir haben gerade bemerkt, dass wir nicht unsterblich sind - und nebenbei auch nicht unfehlbar. Wir sind übrigens die Generation, die in der Historie den Stempel "unpolitisch" trägt. Wir sind traurig über das Chaos, was wir den "Jungen" hinterlassen, wir haben Angst, dass sie uns fragen könnten, wie das passieren konnte. Habe ich zumindest.

Meine Eltern sehe ich nun anders. Meine Kämpfe mit ihnen stehen in einem anderen Licht, und ich ahne, dass ich unter anderen Vorzeichen denselben Tanz mit ihnen tanze wie die "Jungen" mit mir. Wo sind die Eltern zu diesen "Jungen"? Ich selbst, ohne Kinder, frage mich, was so viele dieser Eltern von mir unterscheidet. Ich lande bei den allein erziehenden Müttern, die von der Gesellschaft das Glücksversprechen für unabhängige Frauen gehört und eingefordert haben. Wenn ich Kinder bekommen hätte, wäre ich nach meiner Scheidung auch so eine gewesen. Sie haben der Emanzipation alle Seiten abgewonnen, mit dem Ergebnis, dass sie in jeder Hinsicht überfordert und mit sich unzufrieden (oder in krankhaftem Maß selbstzufrieden) sind. Die Kinder sind "ihr bester Freund", Erziehung ist Diskussion, denn Druck bringt gar nichts.

Und diese Väter ... In diesen Zeiten das Geld ranzuschaffen, genügt zur Rechtfertigung jedweder Entziehungstaktik noch mehr als je zuvor. Wie sollen die Kinder da wissen, wer sie sind - und was sie wollen?

Jaja, werden Sie sagen, das ist leicht, das ist so typisch Lehrer, erstmal auf die Eltern, die können doch auch nicht anders. Und da kann ich zum Glück auf den Anfang des Artikels verweisen, der sagt: wir sind viele unterschiedliche Menschen, die das feststellen. Und wir haben Utopien.



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