Mittwoch, 23. Dezember 2009

Bilanz

Kurz bevor eine Lücke von vier Wochen zwischen meinen Beiträgen klafft und kurz bevor das Jahr zuende geht, ziehe ich hier - wie jeder von uns innerlich - Bilanz.

Warum eigentlich? Warum neigen wir Menschen dazu, zurückzuschauen und zu bewerten? Eine Antwort ist klar: Da wir die Zukunft nicht sehen, höchstens planen können, geben wir darüber nur selten eindeutige Äußerungen ab. Es könnte ja hinterher ganz anders kommen und dann wären wir genötigt, das erstens zuzugeben und zweitens eine echte Strategie zu entwickeln, wie wir mit dem Unerwarteten umgehen. 

Rückschau ist einfacher: Wir konstruieren eine Abfolge, einen Sinn, der unser Handeln vernünftig erscheinen lässt. Das gilt für einzelne Abschnitte im Jahr, wie z.B. den Urlaub, den man doch möglichst erholsam und sinnvoll verbracht haben möchte. Das gilt auch für einzelne Jahre, denen wir im Geiste dann Titel geben: das Jahr der Liebe, der Trauer, der Veränderungen, des neuen Arbeitsplatzes usw. Es gilt natürlich auch für unser ganzes Leben, in dem wir so gerne ein Kontinuum sehen möchten, in dessen Verlauf wir uns entwickelt haben.

Rückschau ist sogar notwendig. Menschen, die keine Vergangenheit haben (Amnesie, unfreiwillige Trennung von der Familie und vom Lebensumfeld, z.B. durch Flucht, unbearbeitete Schuldgefühle, das ganze Programm ...), haben keine Möglichkeit, sich darüber zu definieren. Ich bin z.B. die Ellen, ich bin Lehrerin, die Freundin vom Hasi, Künstlerin, Landei, usw. Hat alles mit meinem bisherigen Leben zu tun. Zu wissen, dass ich so weit gekommen bin, ermutigt mich, weiter zu machen. Denn entweder habe ich alles gut gemacht ;) oder zumindest aus meinen Fehlern gelernt. Damit diese Sicht meiner Vergangenheit hin haut, muss ich rückwirkend Sinn stiften. Sonst mag ich mich nicht.

Speziell in dieser Hinsicht war 2009 sehr erfolgreich. Ich habe wieder viel über mich und die Menschen "gelernt", will sagen, mir nachträglich zusammengereimt und das Ergebnis stimmt mich im oben genannten Sinn zuversichtlich: Jetzt, wo ich so weit gekommen bin, wird sich der Rest auch noch finden. Der Rest ist meine geplante Ausstellung z.B. oder der nächste Urlaub oder die Rückkehr ins Schulleben und viel Unerwartetes. Damit kann ich leben.