Dienstag, 13. September 2011

AQS

Schon wieder so ein Akronym, und es steht nicht etwa für außergewöhnlich quatschlastige Sinnenfreude sondern für die Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbstständigkeit.

Ein derartiges Buzzword-Konglomerat signalisiert: da werden Steuergelder und Ressourcen verbrannt, aber für einen guten Zweck. Der Zweck: Wir machen die "faulen Säcke" rückgängig und suggerieren, dass wir den Lehrerberuf rehabilitieren wollen. Die Vorgehensweise: siehe die Geschichte vom Schäfer in der Wüste und es kommt ein Jeep, wo der Typ im Armani-Anzug aussteigt usw. Das Ergebnis: Jede Menge verbrannte Arbeitszeit.

Die Lehrer verbrennen erstmal ihre eigene, zuhause am Computer, um so sinnvolle Fragen wie die zu beantworten: Wenn ein Schüler eine falsche Antwort gegeben hat, geben Sie ihm dann Gelegenheit, sie selbst zu verbessern? Nun, wenn er die richtige Antwort gewusst hätte, hätte er sie gesagt, oder? Trotzdem muss ich den Schüler dann nicht erniedrigen, sondern kann sein Antwort als gut, als sinnvoll, als lehrreich usw. bezeichnen. Unser Bildungssystem ist beispiellos defizitorientiert, sprich: aus unseren Fehlern und NUR daraus lernen wir. Jede Menge Kommentare möglich, aber sinnlos. Kamel, Nadelör usw.

Dann verbrennen wir die Zeit der Schüler und der IT-Kraft, so vorhanden: Anmeldung im Computerraum mit einem ungenannten System, an dem sich irgendeine Firma eine goldene Nase verdient hat. Im Bildungssystem wird viel Geld verdient. Immer auf Kosten der Schüler, teure Lizenzen, wenig Bandbreite. Nach 10 Minuten ist man angemeldet, es kommt das Laden der AQS-Seite. Wenige Minuten später darf man dann eine 18stellige Benutzer-ID eingeben, gefolgt von einem 8stelligen Passwort (Zahlen, Buchstaben groß und klein). Für Schüler, die schonmal ihren eigenen Nachnamen klein schreiben, wird das zur Prüfung.

Und dann die Fragen: Gibt es zuhause klassische Literatur? HÄ??? Eine Spülmaschine? AH! Der soziale Background soll erfragt werden und hoffentlich, hoffentlich werden diese Fragen irgendwann evaluiert. Eine Spülmaschine gehört mittlerweile wahrscheinlich zum Hartz4-Grundbedarf, und klassische Literatur ist ein weites Feld. Nietzsche? Goethe? Marx? Jünger? Walser? Brecht? Tatsächlich gibt es Menschen, die auch ohne die Lektüre all dieser Autoren Herzensbildung besitzen und ihren Kindern Gutes mit auf den Weg geben, oder solche, die sich im Handwerk mit goldenem Boden bescheidenen oder auch unverschämten Wohlstand erarbeitet haben. Variationsbreite unendlich.

Was bleibt?

1) Diese Umfrage zu bearbeiten, setzt Alkoholgenuss zwingend voraus, mindestens bei den Lehrern, besser auch bei den Schülern. Jawohl, ab Klasse 5.

2) The world is about to be destroyed.

3) Wer zulässt, dass Geld für AQS anstatt für Lehrerstellen ausgegeben wird, zeigt, was er von seinem Stimmvieh hält: wir bestimmen, was ihr braucht, und Bildung gehört nicht dazu.

4) Computergestützte Evaluation ist eine enorme Bereicherung. Vor allem für die, die sich die Fragen ausdenken und die Website programmieren.

Ich melde mich nach dem Besuch der AQS-Kommission in der Schule wieder. Zum Glück brauchen wir "keine Angst" zu haben, wurde auf der Gesamtkonferenz zur Vorstellung der AQS betont. Ich wüsste auch nicht, warum ich Angst haben sollte, bloß weil ich meinen Job mache.


Sonntag, 11. September 2011

Elfter September

Da ist er mal wieder, der elfte September, und schon zum neunten Mal erinnern wir uns an ein Ereignis, das die Welt verändert hat. Auch unsere persönliche kleine Welt. Jeder von uns weiß noch, was er an diesem Tag gemacht hat, was er als Erstes gedacht hat und welche Folgen die Anschläge und der Irak-Krieg für sein Leben hatten.

Mal abgesehen davon, dass wir uns auch anlässlich schöner und beglückender Ereignisse und ihrer Jahrestage mit einer persönlichen Bilanz befassen könnten, ist es erstaunlich, in welcher Weise es den USA gelungen ist, eine Mythos um die Ereignisse des elften September zu spinnen.

Es gibt so viele Dinge, die uns mehr beschäftigen sollten: Überbevölkerung, Unterernährung, Klimaerwärmung usw. Das ist leider alles zu abstrakt, um uns zu Handlungen zu bewegen. Die ganz konkreten Probleme in unserer direkten Umgebung: Kinderarmut, häusliche und andere Gewalt, Ausbeutung der Tiere und der Umwelt. Das ist auch nicht wirklich attraktiv.

Vielleicht ist das Gute am elften September, dass wir uns als Teil von etwas Bedeutsamem fühlen können, wenn wir uns in unseren persönlichen Mikrokosmos diese Tages hinein versetzen. Ich stelle fest, dass mein politisches Bewusstsein sich verändert hat, nicht durch diesen Tag, aber durch Michael Moore, durch Diskussionen um alle möglichen Theorien, die diesen Tag umkreisen. Ich glaube den Nachrichten noch weniger, empfinde die mediale Ausweidung von Nachrichten als noch unerträglicher und bin noch überzeugter davon, dass unsere Welt auf ihr Ende zusteuert.

Das sind möglicherweise nicht die Empfindungen, die von den Gedenken-Machern erwünscht sind, aber ich bin sicher, dass einige Menschen sie teilen und sich den "Informationen" aus Film und Funk gegenüber kritisch zeigen.

Wäre das das Gute im Schlechten?

Könnte der elfte September unsere Sinne geschärft haben?

Warum sind die guten Tage dazu nicht in der Lage?

Wo warst du am elften September?