Dienstag, 16. August 2011

Spätsommer

Nach dem Regenwetter nun auch noch der Spätsommer. Hat die nichts Besseres zu tun???

Es ist gar nicht so banal, wie es sich anhört, über eine Jahreszeit zu schreiben und nachzudenken. Der Spätsommer beinhaltet schon in seinem Namen das Festhalten an einer schönen Erinnerung. Der eigentliche Sommer ist vorbei (und fand 2011 im Mai statt) und seine letzten Anzeichen, die späten, sind es uns wert, ein Wort zu kreieren: Spätsommer. Die Dunkelheit sinkt schon eher, die Nächte sind kühler, Äpfel und Birnen reif, der Rest vorbei, erste Pilze sprießen. Der Igel tappt abends durch den Garten und schmaust die heruntergefallenen Früchte, Stare sind in Schwärmen unterwegs. Sie durchkämmen die Ebererschen, die Holunderbüsche. Spatzen sitzen auf Ähren, Stieglitze auf Disteln und alles ist so farbenfroh und puppig nett, dass man vor Traurigkeit schier vergehen könnte.

"Die Vier Letzten Lieder" fallen mir ein. Noch ist es warm und sonnig (doch, ich habe sie noch erkannt, die Sonne), und trotzdem weiß ich, dass in gut vier Monaten Frost und Dunkelheit den Garten im Griff haben werden. Und mich.

Wie jetzt raus aus der Melancholie? Ganz einfach: ich denke schonmal an den nächsten Frühling, der sich in diesem Spätsommer versteckt. Samen vom Rittersporn habe ich gesammelt, Pläne für Pflanzungen und Schnitte gemacht. Einen schönen Urlaub für Silvester gebucht und Ziele für das neue Jahr gesteckt. So hangeln wir Menschen uns weiter, und ich möchte den sehen, der vom Reiz des Spätsommers unberührt in den Winter geht. Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis ... und das ewig Weibliche, Sinnenfrohe zieht uns hinan.

Samstag, 6. August 2011

Madame

Es ist so weit. Nun bin ich 44 und eindeutig im "Madame"-Alter, wie ich beim Friseur feststellen durfte. Denn dort las ich in der Juli-Madame einen Artikel über das Älterwerden, der meinem Lebensgefühl entsprach, es ging um das Altern mit Gelassenheit.

Sehr schön, wenn auch nicht immer ganz geradlinig wurde hergeleitet, dass und warum in unserer Gesellschaft nur Jungsein gut ist, ich breite das jetzt hier nicht aus. Schön war, dass der Autor den "Rosenkavalier" zitierte, eine ganze Oper, die sich um Jugend und Alter dreht und sprachlich perfekt und höchst ästhetisch auf den Punkt bringt, was so schwer zu fassen ist: man ist eben nicht so jung, wie man sich fühlt. Das Äußere verändert sich, das Innere auch, und das korreliert eher nicht.

Für mich ist ein Tag so gut wie der Andere, schon seit einigen Jahren bin ich total zufrieden und empfinde genau diese Zeit als die beste meines Lebens. Trotzdem fühle ich mich gelegentlich als Dinosaurier, der die Jugendlichen von heute nur fassunglos beobachten kann. Wie wird es wohl sein, wenn ich richtig alt bin? Gibt es bis dahin eine Möglichkeit, ewige Jugend zu bewahren? Oder wenigstens eine Möglichkeit, kurz und schmerzlos, aber würdevoll den eigenen Abgang zu inszenieren? Wie alt wird alt dann sein, 70, 80, 120? Mein Kopf kann ewig 44 bleiben, mein Körper nicht. Ich nehme das gelassen, aber nicht fatalistsich zur Kenntnis und beschließe, keine generelle Haltung zum Altern zu entwickeln, sondern abzuwarten, was das Leben bringt.